Café Kraft in Nürnberg – Die fränkischste Kletterhalle der Welt

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Die Wände heißen wie Felsen im Frankenjura, die Schwierigkeitsgrade sind auf Fränkisch angegeben. Und nach dem Sport gibt’s Apfelkuchen auf dem Oma-Sofa. Ein Besuch im Café Kraft.

Wer im fränkischen Jura klettern will, am berüchtigten Waldkopf zum Beispiel oder an der Heldwand, der kann das auch mit Dach über dem Kopf tun. Im Café Kraft in Nürnberg, der wohl fränkischsten Kletterhalle der Welt. Vier Jahre nach dem Start ihres Projekts kämpfen die Geschäftsführer Hannes Huch und Reto Faulenbach mit Problemen, an die sie bei der Eröffnung nicht im Traum gedacht haben. “Wenn wir weiter so schnell wachsen”, sagt Faulenbach, “verlieren wir irgendwann den Überblick. Oder, noch schlimmer, die Szene hält uns für abgehoben.”

Der Fotodesigner Hannes Huch und der Sportlehrer Reto Faulenbach, beide 41, sind sich 2010 begegnet, im katalonischen Margalef. Beim Klettern, wo sonst. Dort kamen sie auf die Idee mit der Halle, die sie ihrem “Sehnsuchtsort Frankenjura” widmen wollten. Als sie 2011 in einer ehemaligen Lagerhalle in Nürnberg-Schafhof ihr Café Kraft eröffneten, hatte das aber nicht nur mit Kletterromantik zu tun, sondern war vor allem eine kühl kalkulierte Investition: Im Einzugsbereich der Felsen des fränkischen Jura leben so viele Kletterer, dass sich ihr Projekt sicher rechnen würde, das war ihnen klar.

Hallen zum normalen Klettern mit Seil gab es damals rund um Nürnberg schon einige, aber eine Halle für die boomende Disziplin Bouldern – Klettern ohne Seil in Absprunghöhe – suchte man in der Gegend bis dahin vergeblich. Anderswo in Bayern gibt es solche Hallen schon länger, “aber die, die ich kenne, sind alle austauschbar”, sagt Huch. Er träumte damals “von einer Halle mit Wiedererkennungswert: Ich wollte etwas unverwechselbar Fränkisches”.

Von “zaach” über “hadd” bis “bogglhadd”

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Und so bauten sie in ihre Halle einfach ihren eigenen Frankenjura hinein: Die Hallenabschnitte sind nach den Tälern und Felsen der Region benannt, die komplizierte internationale Schwierigkeitsskala des Boulderns ist ins Fränkische übersetzt – von “zaach” über “hadd” bis “bogglhadd”. Auch auf der Internetseite des Café Kraft fränkelt es gewaltig, da gibt es den “Newslädda” und die Rubrik “Breise Zeid’n”. Die Homepage ist im Retro-Stil gehalten, wie überhaupt die ganze Halle. Am Eingang hängen Geranienkästen, die Toilettenschilder sind rustikal. In der Cafeteria stehen Oma-Sofas, und es gibt Apfelkuchen mit Schlagsahne. Benannt ist das Café Kraft nach einem kleinen Café im Pegnitztal, in dem sich zur Anfangszeit der Freikletterbewegung die Sportler trafen. “Dieser Sport steht auch für einen gewissen Lebensstil: Reisen, immer mal Pausen machen, das Leben genießen”, sagt Huch.

Ein weiteres Gestaltungselement in der Halle sind großflächige Fotos und Zitate von Kletter-Ikonen, zum Beispiel vom fränkischen Pionier Kurt Albert, der Mitte der 1970er Jahre begann, jene Touren, die er ohne Haken geschafft hatte, mit roten Punkten zu markieren, und damit die Freikletterbewegung prägte. Oder vom legendären Wolfgang Güllich, Stuntdouble von Sylvester Stallone im Film “Cliffhanger”, der 1991 als erster Kletterer der Welt eine Route im Schwierigkeitsgrad 9a schaffte: die Action Directe am Waldkopf. Von ihm stammt der Spruch: “Kaffee ist ein integraler Bestandteil des Kletterns.”

“Und neulich kam sogar einer aus Peking”

Das Konzept mit der fränkischen Halle ist aufgegangen: Aus den ursprünglich 600 Quadratmetern sind durch den Anbau einer zweiten Halle 1600 geworden. Bis zu 700 zahlende Sportler kommen täglich, und inzwischen hat sich unter den Kletterern auf der ganzen Welt herumgesprochen, dass es sich in Nürnberg gut kraxeln lässt. Die ungarische Boulder-Meisterin Nóra Király zum Beispiel trainiert regelmäßig im Café Kraft – so regelmäßig, dass sie “Nennberch” schon im perfekten Fränkisch aussprechen kann. Der Schweizer Spitzenalpinist Roger Schäli hat sich hier für eine große Erstbegehung an der Eigernordwand den letzten Schliff geholt. “Und neulich kam sogar einer aus Peking – und das schon zum zweiten Mal”, sagt Huch.


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Sie alle kommen aber nicht nur, weil die Halle so fränkisch-heimelig ist, sondern weil die Trainingsmöglichkeiten modern sind. Zwei Personal-Trainer bieten ihre Dienste an. Diese arbeiten zwar wie Belegärzte im Krankenhaus auf eigene Rechnung, die Café Kraft GmbH verdient daran erst einmal nichts. Aber Huch produziert vom Training der Kletter-Berühmtheiten Videos, zum Teil untermalt von fränkischer Blasmusik. Die Filme werden bis zu 70 000 Mal angeklickt – und locken weitere Kletterer in die Halle.

Für manche Kletterer zu durchgestylt

Huch und Faulenbach haben für ihr Klettercafé den Gründerpreis der Industrie- und Handelskammer bekommen. Ihr Konzept haben sie sich als Marke schützen lassen, im August hat ihre erste Filiale in Stuttgart eröffnet – auch dort im Franken-Style und nicht etwa auf Schwäbisch. Sie ziehen das Konzept gnadenlos durch, da darf auch ein Onlineshop nicht fehlen, in dem es Café-Kraft-Tassen und T-Shirts gibt und sogar einen Strampelanzug. Zu dem Baby-Outfit ließen sich Huch und Faulenbach überreden, nachdem aus zwei im Café Kraft angebandelten Ehen die ersten Kinder hervorgingen.

Die Marke Café Kraft ist derart durchgestylt, dass das bei manchem Kletterer Misstrauen hervorruft. Klettern ist zwar schon lange nicht mehr die Domäne der ewig Abgebrannten, aber noch ist kommerzieller Erfolg in der Welt der Felsen etwas ziemlich Exotisches. Deshalb beeilt sich Huch zu sagen: “Mehr Merchandising ist vorerst nicht geplant, einen Café-Kraft-Kugelschreiber und so einen Blödsinn wird es nicht geben. Der wichtigste Mann bei uns ist immer noch der, der die Boulder schraubt. Und nicht der, der den Webshop betreut.”

Huch und Faulenbach bieten übrigens auch ein “Hotel Frankenjura” an. Nóra Király hat dort neulich erst übernachtet. Hotel und Klettern, wie passt das zusammen? Kein Problem. Beim “Hotel Frankenjura” handelt es sich um ein Hochbett im Besprechungsraum, für Gäste, denen ein echtes Hotel zu teuer ist.

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