Eine Überraschungsmannschaft als Tabellenführer, die in der vergangenen Saison fast abgestiegen wäre, nun aber das erste von zwei direkt aufeinander folgenden Spitzenspielen auswärts gewonnen hat, vor allem auch dank zweier Treffer eines längst abgeschriebenen und häufig belächelten deutschen Nationalspielers.
Autor: Peter Penders, Sportredakteur.
Klingt in Zeiten des Investoren-Fußballs zum einen ein bisschen zu sehr nach Hollywood-Drehbuch und wäre zum anderen aber ein Szenario, das der Bundesliga gut zu Gesicht stünde. Passiert nur leider gerade in der Liga des ganz großen Geldes, in der Premier League, die von Leicester City nicht erst seit dem 3:1-Erfolg beim künftigen Guardiola-Klub Manchester City kräftig aufgemischt wird – der große Außenseiter führt mit fünf Punkten Vorsprung.
Ist Geld zwar wichtig, aber letztlich doch nicht der entscheidende Faktor? Stimmt das alles gar nicht, dieses Gerede, nach dem der Ausgang einer Saison schon von vornherein zementiert ist, weil sich die einen so viel mehr leisten können als der Rest? Immerhin ist Leicester ja so etwas wie die De-Luxe-Ausgabe des SV Darmstadt 98.
Auch beim englischen Tabellenführer haben sich viele gefunden, die andere nicht mehr haben wollten, Trainer Ranieri inklusive. Doch so romantisch verklärt sollte man die Sache nicht angehen. Was da in England gerade passiert, ist augenscheinlich zwar immer noch möglich, aber man sollte es genießen, wenn es tatsächlich passiert. Eine Wiederholung ist nicht allzu wahrscheinlich.
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Immerhin aber hat das viele Geld nicht dazu geführt, dass der Titelkampf in der Premier League einseitig geworden wäre. In Deutschland dagegen spielen die beiden dominierenden Vereine in dieser Saison jeder für sich in einer eigenen Liga, und auch ein Spieltag, an dem sechs der ersten sieben Mannschaften in der Tabellen aufeinander treffen, sorgt für keinen besonderen Spannungsbogen. Ganz vorne ziehen die Bayern wie erwartet einsam ihre Kreise.
Es ist höchstens erstaunlich, dass die Münchner trotz der besten logistischen Voraussetzungen und der Tatsache, dass sie so selten tatsächlich ernsthaft gefordert werden, so viele verletzte Spieler zu beklagen haben. Mit einigem Abstand folgt Borussia Dortmund, ebenso ungefährdet, weder nach oben noch nach unten. Unten fängt für den BVB übrigens schon bei Platz drei an. Und wenn beide, Bayern und Borussia, mal 0:0 spielen, ist die Aufregung schon groß.
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Robert Huth (Mitte), Shinji Okazaki und Leicester City sind derzeit nicht aufzuhalten.
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Robert Huth (Mitte), Shinji Okazaki und Leicester City sind derzeit nicht aufzuhalten.
Muss also nach englischem Vorbild über neue Fernsehverträge noch mehr Geld in diese Liga, damit die Angelegenheit wieder spannend wird? Muss der Weg frei gemacht werden für Investoren, die sich nach Herzenslust einen Verein und eine Mannschaft zusammen kaufen? Oder lieber abwarten, ob sich die Geschichte nicht zu einer Blase entwickelt, die irgendwann platzt?
Erste Anzeichen sind zu beobachten – in Liverpool verließen am Samstag viele Anhänger eine Viertelstunde vor Spielende das Stadion aus Protest gegen die mal wieder bevorstehende Erhöhung der Eintrittspreise. Letztlich entscheidet der Kunde, wohin der Weg führt, denn auch das Pay TV gibt den Preis für die Vermarktungsrechte stets an den Endverbraucher weiter.
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Und wer ohnehin zum Optimismus neigt – in Stein gemeißelt ist im Fußball sowieso nichts. Vor schottischen Verhältnissen, einer großen Eintönigkeit, warnte einst Jürgen Klopp, als der FC Bayern Mario Götze von Dortmund nach München lotste. Wäre nicht das Schlechteste: An der Tabellenspitze stehen dort Celtic Glasgow und der FC Aberdeen. Mit je 55 Punkten.
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