Noch ist der Kapitän an Bord. Noch spricht Mats Hummels von Liebe und Loyalität, aber nach siebeneinhalb Jahren beim BVB steht der 26-Jährige vor einer Grundsatzfrage: Geld oder Liebe? Wenn nicht jetzt, wann dann?
Der Innenverteidiger ist Weltmeister, europaweit begehrt und völlig überzeugt wirkt er nicht mehr, dass Dortmund noch der richtige Klub für ihn ist.
“Jeder weiß, wie sehr es mir in Dortmund gefällt, aber dass ich auch möchte, dass wir eine schlagkräftige Truppe und eine schlagkräftige Herangehensweise haben”, sagte der Nationalspieler dem “kicker” vor dem 0:1 im Topspiel gegen die Bayern.
Geht er oder geht er nicht?
Auch nach dem Gipfel blieb Hummels das zentrale Thema. Da war natürlich sein spielentscheidender Lapsus vor dem 0:1 durch Robert Lewandowski, aber vor allem die Dauerspekulation über seinen möglichen Weggang.
“Er ist jetzt mit 26 Jahren in einem Alter, in dem man sich grundsätzlich Gedanken darüber machen muss, was man möchte. Das ist legitim”, erklärte Dortmunds Manager Michael Zorc – und ergänzte leicht säuerlich: “Ob man das dann direkt öffentlich machen muss, ist eine andere Frage.”
Das Thema Hummels könnte im Endspurt dieser Saison zur Belastung für alle Beteiligten werden.
Der Anspruch von Hummels
Zorc und Coach Jürgen Klopp müssen sich dran gewöhnen, dass der Standort Dortmund viel von seiner Attraktivität eingebüßt hat. Die spielerisch dürftige Vorstellung gegen die Bayern war ein weiteres Indiz. Selbstverständnis und Selbstsicherheit des Tabellenzehnten sind in dieser Seuchensaison verloren gegangen.
Dortmund wird mindestens ein Jahr nicht in der Champions League spielen, möglicherweise sogar länger.
Hummels hat einen anderen Anspruch. Der Abwehrchef der Schwarz-Gelben ist im besten Fußballer-Alter und nähert sich dem Zenit seiner Karriere.
Bei Manchester United soll er DIE Protzpersonalie zur neuen Saison werden. Der englische Rekordmeister will 45 Millionen Euro für ihn locker machen und stellt eine üppige Gehaltserhöhung in Aussicht.
“Oft denke ich, dass ich auf jeden Fall mal ins Ausland möchte. Dann gibt es aber auch Tage, an denen ich sage, dass ich das nicht brauche”, sagte Hummels. “Grundsätzlich glaube ich aber, dass einem das Ausland sowohl in der fußballerischen wie auch der persönlichen Entwicklung guttun wird.” Deshalb werde es wohl darauf hinauslaufen, dass “ich irgendwann mal ins Ausland wechseln möchte”.
Wenn nicht jetzt, wann dann?
Der Vertrag von Hummels läuft noch bis 2017, eine Ausstiegsklausel gibt es nicht. “Demzufolge geht ohne uns nichts”, erklärte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Soll heißen, der Verein könnte auf eine Einhaltung der Vereinbarung bestehen – oder die satte Ablöse als Kompensation für die entgangenen Champions-League-Millionen benutzen und in den Umbruch der Mannschaft stecken.
Mit einem Treue-Bekenntnis à la Marco Reus, der im Februar, mitten im Abstiegskampf, trotz einer Ausstiegsklausel und zahlreichen lukrativen Offerten seinen Kontrakt verlängerte, scheinen die Klub-Verantwortlichen im Fall Hummels nicht zu rechnen. Schließlich hat der Defensivstratege bewusst öffentlich gemacht, dass er sich Gedanken mache, ob eine berufliche Veränderung demnächst Sinn mache.
Der BVB-Captain muss sich entscheiden: Verantwortungsbewusstsein oder Rendite? Es spiele keine Rolle, ob die Dortmunder noch die Europa League erreichen oder nicht, offenbarte Hummels.
Für TV-Plauderer Lothar Matthäus ist der Gewissenskonflikt bereits geklärt. Der Hummels-Wechsel auf die Insel soll “schon ziemlich fest sein”, verriet der Rekordnationalspieler bei “Sky”. Ein nervenzehrendes Geduldspiel wollen die BVB-Verantwortlichen im Saisonfinale auf jeden Fall vermeiden.
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