Uli Hoeneß bleibt trotz seiner Steueraffäre Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern München. Wie der deutsche Rekordmeister am Montag mitteilte, lehnte das Führungsgremium ein Angebot des 61-Jährigen ab, sein Amt ruhen zu lassen, “bis die zuständigen Behörden über die strafbefreiende Wirkung seiner Selbstanzeige entschieden haben”. Laut Mitteilung hat Hoeneß, gleichzeitig Präsident des Vereins, vor dem Gremium sein Bedauern über den Vorfall ausgedrückt und sich entschuldigt.
“Im Interesse des FC Bayern, der sich voll und ganz auf das Erreichen der weiteren sportlichen Ziele im Champions League Finale am 25. Mai und im Deutschen Pokalfinale am 1. Juni 2013 konzentrieren soll, hat der Aufsichtsrat der FC Bayern München AG nach intensiver Diskussion einvernehmlich entschieden, dass Uli Hoeneß das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG weiter ausüben soll”, hieß es in der Mitteilung der Münchner, die rund eineinhalb Stunden nach Sitzungsbeginn versandt worden war.
Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer hat die Entscheidung des Aufsichtsrates begrüßt. “Es spricht für Uli, dass der Aufsichtsrat sein Angebot abgelehnt hat. Ein toller Vertrauensbeweis für Uli. Jetzt kann ich nur hoffen, dass er möglichst gut aus der Steueraffäre herauskommt”, sagte Beckenbauer der Bild-Zeitung am Dienstag.
“Die Entscheidung des Aufsichtsrates ist Beweis der Qualität, Einheit und Stärke dieses Gremiums. Er hat sie am Ende des Tages mit großer Seriosität und hohem Verantwortungsgefühl getroffen. Sie zeigt: Der Klub steht sehr eng zusammen”, betonte auch Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. “Ich glaube, Uli war sehr erleichtert, dass der Aufsichtsrat ihm das Vertrauen geschenkt hat.”
Geschlossenheit
Die Vizepräsidenten Karl Hopfner und Rudolf Schels sowie der vom ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber angeführte Verwaltungsbeirat stimmten der Entscheidung des Aufsichtsrates am Dienstag “vollinhaltlich zu”, wie der Verein mitteilte. Hopfner und Stoiber gehören auch dem neunköpfigen Aufsichtsrat an.
Die Vorstandsbosse von Audi (Rupert Stadler) und Adidas (Herbert Hainer), deren Unternehmen mit jeweils 9,1 Prozent Anteilseigner an der FC Bayern München AG sind, nahmen ebenso wie VW-Chef Martin Winterkorn oder Timotheus Höttges vom Hauptsponsor Telekom eine Glaubwürdigkeitsdebatte in Kauf, wie sie SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück umgehend eröffnete. Die Entscheidung der Räte sei falsch, kritisierte Steinbrück: Sie hätten die Verhaltensregeln, die sie ihren Unternehmen auferlegten, auch auf das “Fußball-Unternehmen” Bayern München übertragen müssen, rügte der SPD-Politiker.
Die Anerkennung der Lebensleistung des von vielen Aufsichtsräten bewunderten Fußball-Machers Hoeneß sowie der mögliche Profit und Imagegewinn eines Münchner Champions-League-Triumphes könnten moralische Bedenken überwogen haben. Vor den “zwei extrem wichtigen Endspielen” (Rummenigge) hatte ein Schulterschluss auf höchster Ebene wohl Priorität. Am Rande der Pokalübergabe in Berlin “begrüßte” Nationalspieler Toni Kroos stellvertretend für die Mannschaft den Verbleib von Hoeneß: “Bayern München ohne Uli Hoeneß ist nicht vorstellbar.”
Es sei wichtig gewesen, “dass der Verein in der aktuellen Phase Geschlossenheit demonstriert”, betonte auch Rummenigge: “Es war ein Zeichen an die Mannschaft, die Fans und die Mitglieder.” Die ersten eingegangenen Reaktionen von Fans seien “extrem positiv” gewesen. Eine Entmachtung von Hoeneß hätte die Finalwochen mit der Aussicht auf das historische Titel-Triple mit einer Führungsdebatte belastet.
Atempause
Einen Persilschein haben die Räte dem Steuersünder Hoeneß, gegen den ein Haftbefehl nur gegen Kaution außer Vollzug gesetzt worden war, nicht ausgestellt. Beim “Vorliegen neuer Erkenntnisse” käme das Thema zurück auf die Agenda, hieß es ausdrücklich. Hoeneß hat mit der Zwischenlösung Zeit gewonnen, amtiert aber auf Bewährung. Der Ball liegt bei der Münchner Staatsanwaltschaft, die auch am Dienstag noch “keinen bestimmten Zeitpunkt nennen” konnte, “zu dem das Ermittlungsverfahren abgeschlossen sein wird”, wie Sprecher Ken Heidenreich sagte.
Trotz der ungewissen Zukunft von Hoeneß, dem weiter eine Anklage und eine Haftstrafe ohne Bewährung drohen, hat der Aufsichtsrat für Kontinuität in der Vereinsführung gesorgt. Der Vertrag mit Rummenigge (57), der seit 2002 an der Spitze der Bayern-AG steht, wurde vorzeitig um drei Jahre bis Ende 2016 verlängert, der seines Stellvertreters Andreas Jung (51) bis zum 30. Juni 2016.