Alles schon gelaufen in Bayern? Die SPD hofft vor der Landtagswahl am Sonntag auf ein kleines Wunder. Die CSU fürchtet es.
Wahlkampf in Bayern, das ist eine Sache für sich. “Die besten Grüße aus dem schwärzesten Erdteil Europas”, richtete ein selbstgewisser CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer aus, als er vor wenigen Tagen beim Wahlkampfhöhepunkt der Schwesterpartei CDU in Düsseldorf zu Gast war. Seit 56 Jahren regiert die Christlich Soziale Union Bayern, zumeist brauchte sie dazu noch nicht mal einen Koalitionspartner. Die Chancen stehen gut, dass dies auch nach der Landtagswahl am kommenden Sonntag wieder so sein wird. Umfragen sehen die CSU bei 47 bis 48 Prozent.
Wenn Seehofer also Wahlkampfendspurt feiert, dann richtig. Die kleine Olympiahalle in München ist am Donnerstagabend zum Bierzelt umgebaut, es gibt Brezen und Maß-Bier, Blasmusik und die Frauen laufen im weiß-blauen Dirndl herum. Das Rednerpult für den CSU-Chef ist in die Mitte des Raumes gestellt, von dort guckt Seehofer präsidial auf die Seinen herab.
Ganz vorne umkreist ihn pflichtgemäß die Junge Union und begrüßt ihn mit einer ordentlichen Portion Jubel. Seehofer lacht. Als die jungen Parteianhänger nicht aufhören zu grölen, sagt er einfach “Setzen”. Wie in der Schule. Der kichernde Ministerpräsident wiederholt es von seinem Pult herab ein zweites Mal: “Setzen”. Es wird ruhig. Seehofer agiert in diesen Tagen mehr denn je wie ein König.
Vermeintlich ironische Selbstgewissheit bestimmen auch die folgenden Minuten. “Wir sind schon etwas besonders Einmaliges”, sagt der CSU-Chef und macht das daran fest, dass seine Partei im Gegensatz zur politischen Konkurrenz gleich zwei Abschlusskundgebungen an einem Tag halte. Er komme gerade aus Franken, aus Nürnberg, wo “Petrus die Regenschleuse abgestellt hat, extra für uns”. “Keine Panne, keinen Patzer” habe man sich geleistet in diesem Wahlkampf, befindet Seehofer: “Niemals stand Bayern besser da als heute.”
Udes Problem: Die Leute vergessen
Zur gleichen Zeit auf dem Odeonsplatz in der Münchner Innenstadt hat Christian Ude Verstärkung angefordert. Peer Steinbrücks “Klartext-Open-Air-Tour” macht Station in der Landeshauptstadt, der SPD-Kanzlerkandidat ist auch da. Das Wetter hat den Wahlkämpfern einen Strich durch die Rechnung gemacht, es windet und ist kalt und regnerisch. Kein Vergleich mit der heimeligen Atmosphäre bei der Konkurrenz.
Ude, der Spitzenkandidat der Bayern-SPD, ist Widrigkeiten gewohnt, ihm scheint trotz dünnem Anzug und fehlender Jacke auch die Kälte nichts auszumachen. Eine anbiedernde Moderatorin stellt ihm auf der Bühne jede Menge Fragen zu seinen Wahlkampfthemen, auf die er routiniert antworten kann – die Strategie dahinter ist alsbald klar: Die SPD setzt auf Inhalte statt Personenkult. “In einem solch wohlhabenden Land wie Bayern ist es unerträglich, wenn es weiterhin Zeitarbeit und Dauerbefristungen gibt”, sagt Ude. Haben die Menschen die CSU-Affäre um die Bayerische Landesbank schon vergessen?, lautet eine der vielen suggestiven Vorlagen der Moderatorin. “Manchmal fürchte ich das”, sagt der Kandidat.
Es ist Udes ewiges Problem in diesem Wahlkampf. Die Leute vergessen, die Leute sind nachsichtig. Mit der CSU, die ihre Positionen wechselt, wie das Handtuch. Für den Donauausbau, jetzt dagegen, die Studiengebühren verteidigt, nun abgeschafft. Aber es ist eben schwer Unzufriedenheit oder so etwas wie Wechselstimmung zu erzeugen in einem Bundesland, dessen Arbeitslosigkeit die niedrigste in ganz Deutschland ist. In einem Land, in das die Menschen ziehen, weil es hier Arbeit gibt und schöne Natur und ein von der CSU perfekt als Eigenprodukt vermarktetes stolzes Heimatgefühl.
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