Frage an Mario Götze: Erwartet er künftig mehr Gespräche mit seinem Chef? Antwort: „Es wird sich herausstellen, ob der Trainer häufiger mit mir spricht. Ich lasse es erst einmal kurz auf mich zukommen, alles Weitere wird man sehen.“
Autor: Christian Eichler, Sportkorrespondent in München.
Noch vor wenigen Monaten wäre ein solcher Satz undenkbar gewesen beim FC Bayern München – die kaum versteckte, etwas weinerliche und sehr öffentliche Klage eines Spielers über die Behandlung durch seinen Trainer. Pep Guardiola galt bis Ende der vergangenen Saison als unantastbar, das Handeln des Vereins richtete sich daran aus, ihn zum Bleiben über 2016 hinaus zu bewegen. Doch zuletzt, da Guardiola zu diesem Werben um seine Treue beharrlich schwieg, kamen aus der Vereinsführung neue Töne. Sportvorstand Matthias Sammer sagte: „Bayern München wird auch ohne Guardiola weiteratmen.“
Mehr und mehr Randfigur
Die Botschaft hat auch die Mannschaft erreicht. Mit Götze testet nun der Erste vorsichtig an, wie lahm die mögliche „lame duck“ Guardiola in seiner womöglich letzten Bayern-Saison schon ist. Dabei kann der auch nach über zwei Jahren in München noch nicht etablierte Weltmeister sich über die Möglichkeiten, die der Trainer ihm bietet, nicht beklagen. Guardiola setzte ihn in der vergangenen Saison in 48 von 51 Pflichtspielen ein. Doch Götze wurde dabei mehr und mehr zur Randfigur, bis er am Ende in den entscheidenden Spielen gegen den FC Barcelona trotz zahlreicher Offensiv-Ausfälle nur auf 14 von 180 Minuten kam.
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Nach der WM 2014 in guter Frühform, lieferte Götze mit Fortdauer der zweiten Guardiola-Spielzeit immer weniger. In seinen letzten 25 Bundesliga-Einsätzen kam er auf drei Tore (zwei davon beim 8:0 gegen HSV) und drei Torvorlagen – die dürftige Bilanz eines Offensivspielers in einem Team, das in diesen 25 Spielen 59 Tore schoss. Und während der gesamten Nach-WM-Saison gelang dem Schützen des Weltmeister-Tores von Rio kein einziger entscheidender Treffer für die Bayern.
„Wir sehen, was passiert“
Als er am Dienstag im Halbfinale des „Audi Cup“, des immer in den ungeraden Jahren ausgetragenen Saisonvorbereitungs- und Sponsorenbeglückungs-Turniers des FC Bayern, das so unspektakuläre wie unwichtige zweite Tor beim 3:0 gegen den überforderten AC Mailand erzielt hatte, jubelte Götze ausgelassen vor der Südkurve der Arena, wo der FC Bayern am Abend (20.30 Uhr/ live im ZDF). Und redete danach wie jemand, der findet, dass man ihm nun etwas bieten müsse, um ihn zu halten.
© AFP
Gezerrt und gezogen: Noch hält sich das Werben internationaler Topklubs um Götze (r., mit Milans Luca Antonelli) in Grenzen
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Gezerrt und gezogen: Noch hält sich das Werben internationaler Topklubs um Götze (r., mit Milans Luca Antonelli) in Grenzen
Bisher gab es nur vages Interesse von Juventus Turin, doch die Transferperiode dauert ja noch dreieinhalb Wochen. „Ich denke, dass ich heute ein ganz gutes Spiel gemacht habe. Aber wir werden sehen, was passiert.“
Guardiolas Nerven
Die Götze-Frage ist die, die Guardiola erkennbar am zweitmeisten auf die Nerven geht – nach der Frage zu seiner eigenen Zukunft, auf die er zuletzt nur noch mit der knappen Aufforderung „Nächste Frage“ reagierte. Seine aktuelle Anspannung zeigte der Trainer auch mit seinem auch nach Stunden noch nicht abgeklungenen Zorn über ein überhartes, aber nicht bösartiges Foul von Nigel de Jong an Joshua Kimmich.
Als er den 20 Jahre alten Neuzugang wegen leichter Oberschenkelprellung auswechseln musste, spendete Guardiola der Milan-Bank und dem Schiedsrichter hämisch Beifall. Später lieferte er sich ein lautes Wortduell mit de Jong auf dem Weg in die Kabine und hatte sich auch bei der Pressekonferenz nach dem Spiel noch nicht beruhigt. Er verließ sie fluchtartig, noch während sein Mediendirektor die Schlussfloskeln sprach. Milan-Trainer Sinisa Mihajlovic verstand die Aufregung nicht: „Wir spielen hier Fußball, das ist kein Ballett.“
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