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Spätestens beim Treffen aller Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Merkel müssen Beschlüsse stehen, sagt Bayerns Regierungschef.
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Asylgipfel ohne Grüne und SPD
München.Bayerns Regierungschef Horst Seehofer pocht auf Kurskorrekturen in der Asylpolitik und weitere Finanzierungszusagen des Bundes spätestens beim Treffen aller Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel am 24. September. „Es geht hier nicht um Millionen, sondern um Milliarden“, sagte er am Mittwochabend bei der Pressekonferenz nach einer Sondersitzung des bayerischen Kabinetts.
Deutschland erwartet in diesem Jahr mindestens 800 000 Flüchtlinge. Seehofer bezeichnete die Asylfrage nach der Finanzkrise 2008/2009 und der Energiewende als das „dritte Megathema dieses Jahrhunderts“, das Deutschland „wegen der zunehmenden Unterschiede zwischen Reich und Arm“ nach Einschätzung von Experten über Jahrzehnte beschäftigen könnte. Man müsse darauf sehr differenziert und verantwortlich, aber mit klaren Konsequenzen reagieren.
Nachtragsetat wieder zu knapp
Beim Koalitionsgipfel am kommenden Sonntag will Seehofer die Forderung nach einer Ausweitung der sicheren Herkunftsländer auf dem Balkan erneuern. Er plädiert außerdem für einen Abbau „finanzieller Anreize“ für Bürger aus diesen Staaten. Im Kampf gegen die Schleuserkriminalität muss es nach seinen Worten zu einer Verschärfung des Strafrechts kommen. Aktuell sitzen 700 Schleuser in Bayern in U-Haft, sagte er. Handlungsbedarf sieht er zudem im Bundesamt für Migration und Flüchtlingen, wo sich die Zahl der unbearbeiteten Asyl-Anträge von aktuell 260 000 nach neuesten Prognosen bis Jahresende auf 350 000 erhöhen wird.
In Bayern rechnet Seehofer damit, dass der erst kürzlich beschlossene Nachtragshaushalt wegen der weiter wachsenden Flüchtlingszahlen noch einmal aufgestockt werden muss. Bisher sind für 2015 und 2016 bereits 2,2 Milliarden Euro bereitgestellt – bei den Berechnungen hatte Seehofer aber vorausgesetzt, dass die Kosten wegen schnellerer Verfahren für Balkanflüchtlinge gesenkt werden können.
Zu den Dauer-Appellen der CSU gehört eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Europa. Das Thema Asyl „ist der Lackmustest für die europäische Union“, sagte Seehofer. Keine Vorwürfe richtete er dabei an den ungarischen Regierungschef Viktor Orban, der diese Woche die Weiterreise von über 2000 Bürgerkriegsflüchtlingen von Budapest nach München zugelassen hatte. „Er verdient die Unterstützung der EU und nicht Kritik“, sagte Seehofer. Am Bahnhof in Budapest campieren aktuell erneut um die 3000 Flüchtlinge. Er werde diese Woche mit Orban telefonieren, kündigte Seehofer an.
Asylgipfel in der Staatskanzlei
An diesem Donnerstag empfängt Seehofer in der Staatskanzlei kommunale Spitzengremien, Wohlfahrtsverbände, Kirchen und die Bezirksregierungen zum Asylgipfel. Die Erwartung sind groß. Der Vorsitzende des bayerischen Städtetags und Nürnberger OB Ulrich Maly (SPD) wünscht sich ein klares Signal an Berlin. „Es muss über mehr Geld geredet werden, speziell für den sozialen Wohnungsbau“, sagte er.
Maly will verhindern, dass Flüchtlinge auf der Suche nach bezahlbaren Wohnungen zu scharfen Konkurrenten für bisherige Problemgruppen in der Bevölkerung werden. „Das würde zu einer Erosion der Hilfsbereitschaft führen.“ Zusätzliche Bundesmittel dürften nicht in den Taschen des bayerischen Finanzministers verschwinden. „Das gehört zum Teil den Kommunen.“ Er erinnerte an hohe finanzielle Ausgaben vor Ort, etwa für die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Für Maly geht es aktuell aber auch um ganz praktische Fragen. Etwa: „Reichen die Feldbetten für Flüchtlinge?“
Für den bayerischen Gemeindetagspräsidenten und Abensberger Bürgermeister Uwe Brandl ist mit Blick auf die kalte Jahreszeit die Suche nach festen Unterkünften für Asylbewerber vordringlich. Es gebe kaum noch leerstehende private oder staatliche Gebäude. „Die Kapazitäten sind erschöpft.“ Der Freistaat müsse darüber nachdenken, ob er wie in den 1990er Jahren selbst neue Asylunterkünfte baut.
Zellner zornig auf die EU
Zelte als Unterkunft im Winter sieht auch der bayerische BRK-Präsident Theo Zellner nicht als Option. „Das ist für ein reiches Land nicht akzeptabel“, sagte er. Der Bund sei in der Pflicht, weitere Bundeswehrliegenschaften zu öffnen. Das BRK gerät unterdessen angesichts der Vielzahl von Asylbewerber an Belastungsgrenzen.
Am Münchner Hauptbahn waren diese Woche beim Eintreffen der Flüchtlingen aus Budapest über 2000 ehrenamtliche BRK-Helfer im Einsatz. Zellner hat kein Verständnis dafür, dass sie Ungarn und Österreich ungehindert passieren durften. „Es ist eine Schande für die Europäische Gemeinschaft, was gerade passiert. Ich mag das Wort ,Gemeinschaft‘ im Moment gar nicht in den Mund nehmen“, sagte er. Alle EU-Staaten müssten sich verantwortlich fühlen, Flüchtlinge humanitär zu versorgen.
Bartel appelliert an Bürgermeister
Pessimistisch äußerte sich im Vorfeld des Asylgipfels der Landesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Thomas Beyer. Seit dem ersten Treffen vor einem Jahr habe sich „leider nicht viel geändert. Damals hat die Staatsregierung das Thema unterschätzt, heute verweigert sie unverdrossen eine konstruktive Herangehensweise, die wirkliche Lösungen will“, sagte er. Die Blockadepolitik Bayerns gegenüber Menschen, die zur Flucht entschlossen sind, sei „aus der Zeit gefallen“.
Der Oberpfälzer Regierungspräsident Axel Bartelt appellierte jetzt per Schreiben an die Bürgermeister aller 226 Gemeinden im Regierungsbezirk, weitere Häuser zur Verfügung zu stellen. „Wir werden es sonst nicht schaffen, insbesondere wegen der neuen Welle syrischer Flüchtlinge, die aus Ungarn kommen.“
Christine Schröpf
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